Markant überragt der Turm mit dem spitzen Helm die Häuserlandschaft des Dorfkernes von Nüziders. Dass dieser Kirchturm sowie die Gestaltung der westlichen Eingangsfassade des Gotteshauses erst im 19. Jahrhundert im klassizistischen Stil erfolgte, ist durchaus erkennbar, doch die ergänzenden Bauarbeiten erfolgten damals in harmonischem Gefüge zur bestehenden Substanz.
Von außen ist der gotische Charakter der Pfarrkirche von Nüziders unschwer ersichtlich, denn die schmalen spitzbogigen Fenster des Presbyteriums, zum Teil mit ornamentaler Umrahmung, und der gemalte Fries unter dem Dach sowie der Verputz von Chor und Langhaus sprechen für einen soliden Neubau des 15. Jahrhunderts. Das ostseitige Fenster wurde in der Barockzeit vermauert, jedoch eine runde Lichtöffnung für die Hl.-Geist-Scheibe blieb erhalten.
Im Inneren des Kirchenschiffs erahnt man die nachträgliche Veränderung der gotischen Fenster, außerdem wurde in der Barockzeit das einstmals vorhandene gotische Gewölbe im Chorraum entfernt.
Dafür entdeckte man anlässlich der letzten Renovierungen hinter dem Nebenaltar auf der rechten Seite ein eher schlichtes gotisches Bild der hl. Katharina, direkt auf den Verputz aufgetragen- Zweifelsfrei aus der Gotik stammt gleichfalls das heutige Untergeschoß des Turmes (ehemals die Sakristei) samt dem spitzbogigen Gewände aus heimischem Kalkstein. Eine Besonderheit ist hier die eisengeschmiedete Türe mit dem Kreuzessymbol. Sie und das immer noch funktionierende Schloss stammen aus dem 16. Jahrhundert. Die gegenüberliegende Tür führt in die nunmehrige Sakristei, die auf der Südseite angebaut wurde, die Jahreszahl 1824 auf dem Türsturz dokumentiert diese Veränderung am Kirchenbau.
Der Hochaltar
Im Altarraum (Presbyterium) stellt der barocke Hochaltar, eine qualitätvolle Schreinerarbeit aus der Zeit um 1760, in seinen Farben und den vielen Appliken eine sichtbare Lobpreisung an Gott, an Maria und an weitere Heilige dar. Die rot und blaugrau marmorierte Fassung wird bereichert durch geschnitzte und vergoldete Ornamente mit jeweils zwei gedrehten Säulen. Die korinthischen Kapitelle und die Säulenbasen bezeugen Kunstfertigkeit und Eleganz. In der oberen Etage schuf der Schreiner eine theatralische Kulisse, darüber ein tiefenwirksames Hl.-Geist-Gewölk, weiter oben noch einen Baldachin mit dem Auge Gottes
Das auf Öl gemalte Altarblatt zeigt die Himmelfahrt der Gottesmutter Maria, begleitet von vielen Engeln: Maria als junge Frau mit weißem Gewand und blauem Mantel strebt auf Wolken dem Himmel zu. Unter der Gottesmutter versuchen sich drei bildschöne Engel in Gesang, Zither und Harfe. Das Bild im lieblichen „Nazarenerstil" des 19. Jahrhunderts ist signiert: ,,M. Paul Deschwanden 1874" – ein Künstler aus der Schweiz.
Beiderseits auf dem Fundament des Hochaltares stehen zwei geschnitzte Heiligenfiguren: links St. Viktor als phantasievoller römischer Krieger und Märtyrer, trotzdem in mittelalterlicher Eisenrüstung mit einem prächtigen Federbusch auf seinem Helm, einem goldenen Umhang, mit Märtyrerpalme und einem schützend zum Altar gerichteten Schwert. Sein Gegenstück auf der rechten Seite ist der ebenfalls kunstvoll gestaltete und in aufwändiger Lüstertechnik gefasste hl. Markus mit dem Evangelienbuch in seinen Händen; friedvoll kauert zu seinen Füßen der Markus-Löwe.
Bindeglied zwischen beiden Figuren ist ein neubarocker, rötlich marmorierter Tabernakel. Unter der Altarmensa liegt wohlverwahrt hinter Glas ein Katakombenheiliger, nämlich St. Prosper. 1763 wurden seine Gebeine in Rom ,,entdeckt", dann angekauft und 1844 in feierlicher Prozession nach Nüziders transferiert. Zuvor war das Gerippe in kostbare Stoffe gekleidet worden; in der Rechten hält St. Prosper ein kelchartiges Gefäß, an der Wand wurde ihm ein originales Prunkschwert des 19. Jahrhunderts beigegeben, weil man in ihm einen Märtyrer vermutet hatte.
Rechts vom alten Hochaltar und vom Volksaltar steht ein geschmackvoller Osterleuchter, gedrechselt, rot marmoriert und vergoldet; er passt in der Farbgebung vorzüglich zum Taufstein aus rotem Marmor von der Roten Wand im Walsertal. Dieses achteckige, auf den Seitenflächen mit zartem Eichenlaubdekor geschmückte Taufbecken wird verschlossen von einem Deckel aus Holz mit der geschnitzten und gefassten Figur Johannes des Täufers.
Für den „Volksaltar" des Vorarlberger Künstlers Herbert Albrecht wurde ein bestens geeigneter roter persischer Sandstein ausgewählt, bei dem nun acht (eine wichtige symbolische Zahl bereits im Alten Testament) Säulen die Mensa tragen. Auch der Ambo (Lesepult) aus demselben Material passt sich hervorragend der modernen Ausstattung im Altarraum an.
An der Seitenwand im Presbyterium hängt ein interessantes Ölbild mit der Darstellung einer byzantinisch anmutenden Madonna mit Christuskind, wobei die Mutter aus einer Wunde am Haupt blutet. Es handelt sich um die Kopie jener berühmten oberitalienischen Madonna von Ré, einer Ortschaft im italienischen Vigezzo-Tal. Auf dem Knie der Madonna sitzt das Jesuskind, erklärend ist der lateinische Spruch „In gremio matris sedet sapientia patris" (Im Schoß der Mutter wohnt die Weisheit des Vaters).
Erwähnenswert ist im Presbyterium das gemalte Deckenbild mit der Darstellung des Letzten Abendmahles (19. Jh.), dem Maler Josef andreas Jehly zugeschrieben, sowie ein Grabstein für den 1712 im Alter von nur 37 Jahren verstorbenen Priester Franz Fidel Ha(a)s, gebürtig aus Feldkirch, mit dem sprechenden Wappen eines an einer Rübe knabbernden Häschens.
Der linke Seitenaltar ist eine gute Schreinerarbeit des 18. Jahrhunderts, barock gestaltet mit malachitgrünen gewundenen Säulen und goldenem Blattdekor, überwiegend rot marmoriert. Auf dem Gebälk tummeln sich anbetende Engelsfiguren, zwei Putti flankieren das Obstück, wo Gottvater und der Hl. Geist in Wolken schweben (Öl auf Leinen).
Das gemalte große Mittelstück dieses Seitenaltares zeigt ein ,,Bild im Bild", denn es wird das im gesamten Alpenraum hochberühmte Motiv ,,Mariahilf" (Original von Lukas Cranach im Dom zu Innsbruck) von zwei barocken Engelchen im Rahmen präsentiert, damit die darunter versammelte notleidende Menschheit, hier symbolisiert von sieben Personen (Gefangene, Kranke, Pilger etc.) himmlische Hilfe erfahre. Davor steht eine vergoldete muschelförmige Kartusche (wahrscheinlich neubarock) mit dem Symbol IHS sowie einem barocken Standkreuz.
Ähnlich gestaltet ist der rechte Seitenaltar; sein Aufbau ist noch mehr barock bewegt und gleichfalls bevölkern zahlreiche Engel und Putti das Gebälk. Als Blickpunkt dieses Altares fungiert ein Ölbild, darstellend den Tod des hl. Josef. Auf einem Barockbett erwartet St. Josef friedlich sein irdisches Ende, unter dem Bettgestell liegen symbolhaft die Werkzeuge eines Zimmermannes und eines Schreiners. Zwei Engel mit Fackel und mit Lilie leisten fromme Assistenz, auch Jesus und Maria umstehen trauernd das Krankenbett, während Gottvater bereits im Himmel auf den frommen Sterbenden wartet. Immerhin stehen auf dem Tischchen neben dem Bett noch recht irdische Verköstigungen, nämlich eine Silberschale mit Löffel und eine Weinkaraffe.
Im Auszug (Obstück) des Seitenaltares zeigt sich in barocker Art der hl. Martin hoch zu Ross mit dem Bettler, dem älteren Maler Jehly zugeschrieben; geschnitzte Engel mit unterschiedlichen Flügeln beschützen dieses Ölgemälde. Die größeren zwei Gebälksengel auf beiden Seitenaltären, jeweils zwei zusammenpassende Cherubime, verraten wohl die Hand des spätbarocken Künstlers Johann Ladner aus dem Paznaun, der unter anderem auch den hl. Johannes Nepomuk am Stadtbrunnen in Bludenz schuf.
Die Deckengemälde in der Pfarrkirche von Nüziders entstammen verschiedenen Kunstepochen, doch sie sind alle ziemlich einheitlich von hervorragenden Stuckaturen eingerahmt. Das vorderste Deckengemälde im Kirchenschiff stammt zweifelsfrei aus dem 18. Jahrhundert und stellt entweder den Kirchenpatron St. Viktor oder den hl. Bischof Vinerius in der Glorie mit Engeln dar (einer mit dem Kreuz des Mailänder Erzbischofs, die anderen mit dem Evangelienbuch), darunter harren hinter barocker Balustrade eine Frau mit Kind, eine Händlerin, ein Hirte, ein Kranker und wohl ein Kaufmann etc. der himmlischen Fürbitte. Das anschließende Deckenbild mit der Hl. Dreifaltigkeit und mehreren Heiligen, darunter vielleicht auch den Kirchenpatronen von Nüziders, ist signiert mit „AM 1913"; dies bezeichnet den im gesamten Alpenraum tätigen Schnifner Künstler Anton Marte, dem auch das Deckenbild unter der Empore mit dem verlorenen Sohn zu verdanken ist. Freilich verdrängten seine Gemälde zum Teil qualitätvolle, aber leider sehr stark beschädigte Werke der Malerfamilie Jehly.
Zwischen den Fenstern wurden in ovalen Medaillons die berühmten vier Kirchenlehrer (in Sepiabraun) angebracht; in Richtung Orgelempore nach der Verlängerung des Kirchenschiffs (1827) ergänzt durch Benedikt und Scholastika, wiederum als Hommage an die Gründungshistorie des Benediktinerordens (Einsiedeln). Außergewöhnlich sind die massiven Stuckengel in dicken Wolken jeweils darüber.
Ein Musterexemplar ländlicher Barockkunst stellt die Kanzel dar. Bereits die Stiege wird mit Goldkartuschen aufgewertet, am Kanzelkorb sind die vier Evangelisten mit ihren Attributen erkennbar. Während die Unterseite des Schalldeckels vom Hl. Geist in Anspruch genommen wird, bewachen oberhalb der warnende Seelenwäger St. Michael und vier Putti, davon zwei mit Posaunen des Jüngsten Gerichtes und zwei andere mit besorgtem Gesichtsausdruck und den mosaischen Gesetzestafeln, die Szenerie.
Alle Fenster in der Kirche sind mit Wabenmustern versehen, die dem Gotteshaus stets freundliche Helligkeit bescheren. Wohl geplant sind die eingesetzten kleinen Buntglasfenster, z. B. mit Meinrad, Gerold und Ulrich, diese drei Heiligendarstellungen im Presbyterium dokumentieren glaubhaft die uralten Beziehungen zu den Benediktinern von Einsiedeln. Vom Tiroler Glasmaler Fred Hochschwarzer wurde 1978 auch Maximilian Kolbe als Märtyrer aus der Zeit des Nationalsozialismus in die Reihe der Seligen und Heiligen aufgenommen. Sein Glaubenszeugnis mahnt uns Vorarlberger wie jenes von Provikar Carl Lampert zur Wachsamkeit gegenüber menschenverachtenden und glaubensfeindlichen ldeologien.
Die Inschrift „MATHIAS JEHLY pinxit 1854" auf der 14. Station verrät den Schöpfer der Kreuzwegstationen.
In einer alten Nische in der rechten Seitenwand des Kirchenschiffs befinden sich gut gesicherte Kostbarkeiten. Das große geschnitzte Vortragskreuz stammt aus der Zeit um 1500; an den Enden der Kreuzesbalken sind die plastischen Medaillons der Evangelisten angebracht. Die Kreuzesbalken selbst sind mit gotischen Blattmotiven (Blattgold auf Kreidegrund) verziert. Der Korpus des Gekreuzigten stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Für den liturgischen Gebrauch innerhalb des Gotteshauses und auf dem Friedhof wurde jedoch meist ein kleineres Vortragskreuz verwendet; auch dieses hat sich erhalten. Die edlen Formen mit Blüten und Blättern sind äußerst filigran auf vergoldetem Messing gearbeitet. Die Kleeblattenden sind durch angesetzte Knöpfe aufgewertet. Fleißig sitzen die vier Evangelisten, gekennzeichnet durch ihre entsprechenden Symbole, an den Schreibtischen.
Rechts hinter dem Panzerglas ist jene Originalfigur des hl. Antonius (des Einsiedlers) zu sehen, deren plastische Nachbildung nun im Altarschrein des Vineriuskirchleins besser zu betrachten ist; denn viele Jahrhunderte, der Verlust eines Armes und Holzschädlinge haben der Lindenholzplastik mit dem zutraulichen Schweinchen stark zugesetzt.
Die Orgel von Ferdinand Stemmer. aus dem Jahr 2000 will durch ihre ungewöhnliche Platzierung an der rechten Seite des Kirchenschiffs und in der Nähe der Altäre bekunden, dass sie „Raum und Gottesdienst mitgestalten kann". Zudem wurde das formschöne Orgelgehäuse aus Eichenholz harmonisch dem Stil des Kircheninneren angepasst.